Die Bootsbranche boomt seit dem überwundenen Corona-Schock. Dass Boote selbst rar sind, die Werft ausverkauft und man lange Wartezeiten in Kauf nehmen muss, ist den Kaufwilligen bekannt. Auch, dass im Zuge von Liefer-Engpässen, explodierenden Energiekosten und der einsetzenden Inflation Preise steigen. Eines der weniger thematisierten Themen ist allerdings die Liegeplatz-Knappheit: Und das in fast allen Revieren. Diesem Thema wollen wir uns heute widmen.
Mangelware Liegeplatz: Deutschland ausgebucht?
Viele Yacht-Magazine haben hierüber schon berichtet. Angeblich sind Liegeplätze von der Ostsee bis zum Bodensee Mangelware. „Sicher hat Corona und die damals eingeführten Reisebeschränkungen viele Eigner veranlasst, ihre Yachten in deutsche Reviere zurückzuholen“, sagt Geschäftsführer Meik Lessig: „Gerade die sonst immer eher entspannte Liegeplatz-Lage an der Ostsee hat sich dadurch spürbar verändert. Viele unserer Kunden aber auch unsere Partner vor Ort berichten von vollen Marinas.“
Wer sich jedoch etwas intensiver mit der Ostsee beschäftigt der weiß, dass die deutsche Küste hierbei durchaus weniger homogen ist, als vermutet: „Im Prinzip konzentriert sich das Interesse der Bootseigner auf die beiden Hotspots Kieler Förde und Lübecker Bucht.“, so Lessig weiter: „Die tolle Verkehrsanbindung und damit auch aus dem Inland schnelle Erreichbarkeit, das geschützte Revier und die gewachsene Infrastruktur machen diese beiden Buchten meist zum ersten Ziel der Bestrebungen, wenn es um ein neues Boot geht. Ganz oben auf den Listen stehen dabei meist die ancora Marina in Neustadt, Grömitz oder Niendorf in der Lübecker Bucht und die Baltic Bay Marina in der Kieler Förde.“ Allerdings: Hier einen Platz zu bekommen, ist sehr schwierig.
Unser Segel-Experte Lars Reisberg, der als Lübecker selbst die ancora Marina als Heimathafen nutzt, sagt hierzu: „Der Trick, wenn ich das mal so sagen darf, ist, dass man sich im November/Dezember um einen Liegeplatz bemüht. Das ist bei den meisten Häfen die Zeit, in der Liegeplatzinhaber ihre Verträge verlängern – oder eben kündigen. Wenn, dann hat man jetzt eine Chance, Glück zu haben. Wichtig ist bei den Anfragen, dass man gleich die Daten des Bootes mit angibt: Länge und Breite sowie Tiefgang sind wichtig.“ In vielen Häfen achten die Hafenmeister bei der Liegeplatzvergabe auch auf das soziale Miteinander: Ein neues Boot muss zu den Booten am Steg passen: „Letztlich ist das wie eine Bewerbung um eine Wohnung“, so Reisberg.
Freie Liegeplätze in der Ostsee
Wer allerdings bereit ist, sein Boot auch abseits der beliebten Hotspots unterzubringen, der hat auch durchaus in der jetzigen Situation Chancen, einen Liegeplatz zu bekommen. „Je weiter man nach Osten geht, desto entspannter wird die Lage“, weiß Lars Reisberg: „Wir haben an der Mecklenburgischen Küste viele – top ausgestattete! – Häfen, die immer wieder Liegeplätze frei haben. So ist die Hohe Düne in Rostock immer eine Anfrage wert. Je kleiner das Boot, desto besser.“ Es lohnt sich also, ein, zwei Stunden Anreise mehr in Kauf zu nehmen. „Zudem ist man ab Rostock schon mal ein bis zwei Tagestörns näher an den dänischen und schwedischen Sommer-Zielen wie Bornholm, Gotland oder dem Schärengarten.“
Da die Reisebeschränkungen aufgehoben sind und es eher unwahrscheinlich erscheint, wieder ein solch rigoroses Regime zu erleben, wird auch Dänemark als Liegeplatz für Ihre Yacht wieder attraktiv: „Dänen kommen sozusagen mit einem Boot auf die Welt. Die Küste Jütlands ab Flensburg, die großen Inseln Lolland und vor allem Falster bis Kopenhagen sind gesegnet mit superschönen, kleinen und großen Häfen. Nach Kopenhagen fahren schnelle ICE ab Hamburg: Hier lässt es sich auch super aushalten, vor allem wenn man eine Saison lang den Großen Belt und die raue, wunderschöne Küste Südschwedens erkunden will.“
Liegeplätze am Bodensee und in Bayern
Viele unserer Kunden und Interessenten konzentrieren sich im süddeutschen Raum – dabei liegt der Fokus der Bootsnutzung auf dem Bodensee, Chiemsee und den anderen süddeutschen Revieren. Meist handelt es sich hier um kleine bis mittlere Motorboote und die schnellen Segler der FIRST-Serie sowie unseren „Kassenschlager“, die OCEANIS 30.1 (die es nun übrigens als 30.1e als voll-elektrische Variante ohne Verbrenner gibt). „Es gab schon immer mehr Interesse und Nachfrage nach Liegeplätzen in den Inshore-Revieren als es Stege gibt“, weiß Meik Lessig: „Teilweise zweistellige Wartezeiten auf den Listen oder teure Ablösen für Liegeplätze sind Normalität.“ Meist ist es für Privatpersonen schier unmöglich, eine Liegeplatzzusage zu erhalten.
Wie so oft im Leben sind gute Beziehungen der Schlüssel. „Wir haben in den Jahren unseres Bestehens gute Beziehungen zu seriösen Partnern am Bodensee aufbauen können“, fährt Lessig fort. Die Hafenbetreiber sind daran interessiert, langfristig hübsche Boote und nette Liegeplatzinhaber an ihre Häfen zu binden. „Mit unseren Marken CRANCHI und BENETEAU können wir genau das bieten“, fährt Lessig fort: „Daher können wir – begrenzt zwar, aber doch sehr sicher, immer wieder Liegeplätze über unsere Partner vermitteln. CRANCHI-Motoryachten bei unserem Partner Rudolf Bootsservice in Bodman, BENETEAU-Segelboote nicht weit entfernt bei der Bodenseewerft Wallhausen.“
Wer es – oft aus verkehrstechnischen Gründen – nicht zum Überlinger See im Westen des Bodensees schafft, für den haben wir am anderen Ende auch Lösungen: „Sehr gute Beziehungen pflegen wir zur Meichle & Mohr-Marina Ultramarin in Kressbronn, wo viele, fast Dutzende, unserer Eigner einen Liegeplatz haben.“ Ab 2023 startet ENJOY YACHTING zudem die Zusammenarbeit mit der Bodan Werft, einen Steinwurf von der Ultramarin entfernt. Dieser kleine, feine Hafen mit kompletter technischer Infrastruktur und Winterlager heißt BENETEAU-Segelboot-Eigner willkommen: Auch hier sind Liegeplätze über uns verfügbar.
Liegeplätze für Boote und Yachten am Mittelmeer
Sie zieht es ans Meer? Nicht weniger der Yachten unserer Kunden liegen in der Adria. „Kroatien ist landschaftlich und von der Infrastruktur der Häfen her gesehen sicherlich Traum-Destination Nummer 1 für viele Bootskunden, die sich eine größere Yacht kaufen wollen.“, sagt Meik Lessig: „Die Liegeplatz-Lage hier ist relativ entspannt, leider allerdings auch, weil Kroatien preislich merklich angezogen hat.“ Alternativ bietet Nord-Italien um Lignano und auch Slowenien tolle Häfen und eine super Anbindung, Flüge nach Triest oder Venedig sind von fast allen relevanten deutschen Flughäfen buchbar. „Wir liefern viel über Nord-Italien und Slowenien aus und können diese Region nur empfehlen!“
Wer es richtig abenteuerlich haben will, dabei lange Zeit auf seinem Boot verbringt, dem wollen wir Griechenland empfehlen: „Ein herrliches Revier, seemännisch anspruchsvoll, aber extrem abwechslungsreich, bietet Griechenland, etwa ab Athen, für mehrere spannende Jahre ein reiches Revier. Tolle, gastfreundliche Menschen und unbeschreibliche Schönheit. Das alles zu Preisen, die man mehr als attraktiv bezeichnen kann.“, so Lars Reisberg, der jedes Jahr mindestens einmal hier segelt.
Wen es in die andere Richtung zieht, der sollte sich von den klassischen Traumzielen lösen: „Die Balearen sind wunderbar, als Liegeplatz aber kaum noch zu bezahlen“, sagt Thore Alke, unser technischer Leiter, der hier viele unserer Motoryacht-Kunden betreut. „Es ist politische Vorgabe und das weiterhin ungebrochene Interesse vieler Bootsbesitzer, etwa Mallorca vom „Billig-Ziel“ zum „Luxus-Spot“ zu entwickeln. Entsprechend hart und teuer ist es, hier einen Platz zu ergattern.“ Alternativ empfehlen wir die spanische Küste von Empuriabrava bis hinunter Valencia: Tolles Revier, lecker Essen und die Balearen immer in Reichweite.
Wer es nur einen Liegeplatz sucht mit Absprung ins Mittelmeer für lange Touren – wem also der Hafen selbst eher zweitrangig ist – der sollte sich in der Gegend zwischen Montpellier bis Toulon umschauen. „Port Napoleon ist beispielsweise ein wild-romantischer Hafen. Dort ist zwar die Petroleum-Industrie Südfrankreichs in Sichtweite angesiedelt und das Schwemmland ist landschaftlich nicht sonderlich schön, man ist dafür bezahlbar und sicher unterwegs – und sehr schnell rübergefahren oder gesegelt zu den Perlen der Cote d´Azur in unmittelbarer Nachbarschaft“, sagt Lars Reisberg: „Wir liefern oft über diese Häfen aus, weil hier technisch ein hohes Niveau herrscht.“ Auch die Verkehrsanbindung via Airports Nizza, Marseille oder Montpellier ist aus Deutschland top.
Bootskauf in weiter Ferne ohne Liegeplatz?
Doch das alles bringt nichts ohne ein Boot, werden Sie jetzt sicher denken. Bei den momentanen Lieferzeiten der Yachten lohnt es sich doch gar nicht, Liegeplätze anzufragen: „Viele Hafenbetreiber werden tatsächlich kaum Zusagen für Liegeplätze in 2024 machen.“, weiß Lars Reisberg: „Die Saison 2023 ist fast ausverkauft und damit laufen die meisten Bestellungen in das übernächste Jahr. Das ist dann natürlich eine Frage von Henne und Ei. Was soll zuerst da sein, der Liegeplatz oder das Boot?“ Eine Zwickmühle, sicher. Unsere Erfahrung ist die folgende – erst das Boot!
Warum? „Wir bieten für die meisten unserer Yachten im Zulauf Liegeplätze an“, versichert Meik Lessig: „CRANCHI E26, E30 oder Z35 in den Bodensee? Kein Problem, wir haben noch für 2023 einige wenige Boote und auch Liegeplätze herfür. Ähnlich, allerdings begrenzter, sieht es für Segelboote aus.“ Für Yachten in 2024 bieten wir die Sicherheit einer Storno-Variante. Wir sichern unseren Kunden vertraglich zu, dass diese im Notfall vom Kaufvertrag zurück treten können und nicht mit Boot aber ohne Liegeplatz dastehen: „Das ist eine Option, die Sicherheit gibt. Allerdings, und das ist mir wichtig zu betonen, musste diese bisher bei uns noch nie gezogen werden. Alle ENJOY YACHTING-Kunden haben noch immer ihren Liegeplatz bekommen.“ Es lohnt sich also, bei den Marinas anzufragen und kreativ zu sein – oder mit einem seriösen Bootshändler Ihrer Wahl ernsthaft zu sprechen.